Gastbeitrag von R.: Auferstehung im Schatten der Friedhofsbäume

Auferstehung im Schatten der Friedhofsbäume,
der vielgestaltigen, nicht nach Art bestimmten,
doch ihnen gemäß erkannt von ewig trauernden Augen.

Im Schatten der Friedhofsbäume, im lichten Schatten,
mit Blick auf Gräber, nicht mehr in Reih und Glied,
„in Liebe“ steht drauf auf dem einen.

Schmerzensreiche Liebe bringen sie dar, die Friedhofswesen,
die gießenden, Tränen verschüttend im Spiel von Schatten und Licht:
Funktionsloser Schmerz und Schönheit, die nicht kompensiert.

Im Schatten der Friedhofsbäume, auf hölzerner Bank gebannt,
geschützt vorm Ausritt ins gleißende Licht der Verführung:
Triumph ist verboten im göttlichen Garten.

Es war zu ahnen am Stamme des Kreuzes,
bleibende Wunden schlug es und Schatten warf es ins Paradies,
wo Triumph die Hölle wäre.

Drum klingen sie dorisch, die Lieder der Vögel,
sie schweben dazwischen, darunter und drüber,
sie laden zum Deuten und nicht zum Behaupten.

Und auch die Mücklein spielen, die altbekannten,
übermütig die Liebenden piksend, die auf der Bank,
doch Stiche und Wunden werden geküsst im Schatten der Bäume.

Die Lippen erzählen in Brocken vom Leben,
sie kommen ins Stocken und reden nicht weiter,
Lücken im Blattwerk, durchsickert von Gnade.

Die Augen, sie blinzeln, und schließen sich wieder,
genießen die Dauer des ewigen Kusses,
verspüren nicht Hunger, nicht Durst, aber Frieden.

Die Sehnsucht sieht wieder im himmlischen Garten:
Die Leere des Grabes geräumt für die Engel,
von denen der eine jetzt vollauf genügt.

Erst schüchtern und zaghaft, als wären sie Fremde
begegnen einander Vermisste, Ersehnte,
doch gibt’s kein „als ob“ im himmlischen Garten.

Drum greifen die Finger die Hände, die halten,
die Blicke erkennen, was einst sie geschaut
und ernten die Fülle vom Augapfelbaum.

Sie schmecken nach Rache, und Rache ist süß,
wenn der Tod kommt zu richten den billigen Trost
und Tränen errettet vom falschen Verdunsten.

Das richtige Leben verneint nicht das falsche,
umarmt die Dämonen und küsst sogar Wunden,
das Brodeln der Meinung ist jenseits der Mauer.

Umfriedete Bänke, im Wandel ihr Standort.
Spaziergang die erdigen Wege entlang
befreit auch die Wahrheit vom festen Bestand.

Gräbergruppen stadtviertelgleich,
und doch keins wie das andere:
Individuen paradiesisch bewahrt.

Nostalgisch die Weckuhr –
im Rucksack des ewigen Tages tönt sie vom Stündlein,
das ewig längst geschlagen haben wird.

Die Stunden verstreicheln der Liebenden Trennung.
Sie geht ihm noch nach und er hört ihre Stimme.
Und Schweigen schafft Raum für den Hall der Erzählung.

Auferstehung im Schatten der Friedhofsbäume,
der vielgestaltigen, nicht nach Art bestimmten,
doch ihnen gemäß erkannt von ewig trauernden Augen.

Hinterlasse einen Kommentar