Weiße Lettern auf blauem Grund – verschwommen vorbeirasend und allmählich zum Stillstand kommend.
Wie ein Mahnmal all dessen, was ich verloren habe, bleiben sie direkt vor mir stehen. Ein klagendes Quietschen, dann ein lautes Schnaufen – schon bin ich frei, trete auf offenes Terrain, versuche benommen ein paar taumelige Schritte auf immobilem Grund. Mein rasendes Inneres prallt unsanft an starren Oberflächen ab. Urplötzlich wird mir klar: Ich bin gefangen in dieser Freiheit. Ausgeliefert, zum Abschuss freigegeben. Nichts trennt mich mehr von den Erinnerungen. Ich befinde mich auf einem Schlachtfeld, umgeben von nacktem Metall auf einem Untergrund aus Beton. Ich kann nicht fliehen; die unendliche Leere um mich herum könnte deprimierender nicht sein. Dann eine Gestalt, die um die Ecke biegt, ein ohrenbetäubender Knall – gefolgt von einem stechenden Schmerz. Ein Volltreffer. Ich schaffe es nicht, den warmen Fluss aufzuhalten, der aus meinem Auge strömt. Die linksseitige Dunkelheit gefällt mir auf Anhieb. Nie wieder grelles Licht. Keine schreienden Farben mehr. Wäre ich doch auf beiden Augen blind … Vorsichtig blinzelnd erkenne ich den Scharfschützen, der sich mir nähert. Der Gang, der Anblick seiner Hände, sein Gesichtsausdruck – alles an ihm erinnert mich an jenen Tag in einem verwunschenen Schlossgarten. Warme Hände, die meine nicht losließen. Tiefes Wasser, in das meine Augen blickten. Eine Gruft, die gerade düster genug war für zwei suchende Seelen. Ein Schuss, dann wieder der Schmerz. Vertraut müsste er inzwischen sein, und doch krümme ich mich darunter. Blute langsam aus an dem Ort, an dem wir uns zum letzten Mal sahen. Alles wird schwarz. Ich falle. Schnelle Schritte, ganz nah diesmal, ein Zögern, dann noch ein Knall – ich atme betörenden Duft und schmecke den Sommer auf seinen Lippen, während mein Herz unter der Last all unserer Momente birst. Ich strecke die Hand aus, doch greife ins Leere. Verloren. Ich habe alles verloren.
Memento mori
Kommentar verfassen
